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 Spenser

Spurensuche. Die Kolumne von Axel Bussmer
Spensers Abenteuer: eines pro Jahr
In Fankreisen sind vor allem die ersten vier Spenser-Romane hoch angesehen. Aber auch in den folgenden Jahren gab es immer wieder überzeugende Spenser-Romane. Bis in die Achtziger entwickelten sich die Figuren, die Beziehungen veränderten sich und die Romane bauten etwas aufeinander auf. Aber seitdem Spenser und Susan am Ende von »Spenser auf der Flucht« den Bund fürs Leben schlossen, hörten sie auf zu altern. Genau wie in den episodischen TV-Serien durchleben sie seitdem in einem festgesteckten Rahmen ihre Abenteuer. Das gleiche, nur anders.
Nach einigen schwächeren bis sehr schwachen Spenser-Romanen in den Achtzigern, wurden die Spenser-Romane in den Neunzigern wieder besser. Seitdem laufen die Abenteuer zuverlässig wie ein VW-Käfer. Immer ist Robert B. Parkers Sprache ausgezeichnet, die Einzeiler treffend, die Dialoge vergnüglich zu lesen und die einfach geplottete Geschichte hat fast immer logische Probleme.
Thematisch beackerte Robert B. Parker das bekannte Feld der Privatdetektivromane: verschwundene Kinder, Erpressung, Mord, Organisiertes Verbrechen und Bandenkriminalität. Immer wieder ermittelt Spenser an Universitäten. Immer wieder beschäftigt sich Robert B. Parker mit Spensers Verhaltenskodex und wie unvereinbar er mit feministischen Vorstellungen ist.
Am deutlichsten ist diese Gegenüberstellung zweier Bilder von Männlichkeit in »Bodyguard für eine Bombe« (Looking for Rachel Wallace). In diesem Buch muss Spenser eine Frauenrechtlerin beschützen. Natürlich tut Spenser das so, wie er es kann: er bringt ihre Feinde um und sie bedankt sich bei ihm.
Zwei weitere Diskussionen sind in den Spenser-Büchern präsent: die Beziehungen zwischen Afroamerikanern und Weißen und die veränderte Wahrnahme von Homosexualität. Beides war in den frühen Hardboiled-Romane bereits eindeutig beantwortet worden, aber die gesellschaftlichen Umwälzungen der Sechziger Jahre und die daran anschließenden Diskussionen hinterließen in Spensers Welt deutliche Spuren.

»Was, klinge ich nicht etwa wie ein authentischer Ghetto-Neger?«, fragte ich.
»Du klingst wie ein Arschloch«, antwortete Hawk.
»Tja, da ist was dran,« sagte ich.

(Robert B. Parker: Die blonde Witwe)

In »Finale im Herbst« (Early Autumn) tritt Paul Giacomin, ein fünfzehnjähriger, antriebloser Jugendlicher, zum ersten Mal in Spenser Leben. Nachdem Pauls Eltern sich in ihrem Scheidungskrieg immer mehr verbeißen, ergreift Spenser für den Jungen Partei. Er fährt mit ihm in die Wälder von Maine und bringt ihm das bei, was er von seinem Vater lernte. Das ist, neben dem Macho-Code und Sport auch das Bauen einer Hütte. Am Ende des Buches hat Paul ein Ziel für sein weiteres Leben. In diesem Buch übernimmt Spenser - ganz im Gegensatz zu den normalen Hardboiled-Detektiven - die Rolle eines Lehrers. Der Krimiplot bildet nur den Rahmen für eine gelungene Entwicklungsgeschichte.
Auch in anderen Büchern kümmert Spenser sich immer wieder um Jugendliche und junge Erwachsene. In »Einen Dollar für die Unschuld« (Ceremony) und »Wer zähmt April Kyle?« (Taming a Sea Horse) hilft er April Kyle, deren Lebenstraum es ist, eine Prostituierte zu sein.
In »Spießgesellen« (Playmates) nimmt dies groteske Züge an. Denn Spenser ist bei seinen Ermittlungen mehr damit beschäftigt, herauszufinden warum niemandem auffiel, dass der afroamerikanische Basketball-Star der Taft Universität, Dwayne Woodcock, nicht lesen kann. Dass er auch Spiele schieben soll, ist Spenser dagegen ziemlich egal.
In dem Quasi-Western »Potshot« beschützen Spenser und seine sechs Freunde das in Arizona liegende Städtchen Potshot gegen die von dem Prediger geleitete Verbrecherbande. In dieser Neuauflage des Western »Die glorreichen Sieben« für das 21. Jahrhundert kämpfen die guten Verbrecher (also Spensers Freunde) gegen eine halbe Hundertschaft böser Verbrecher.

»What are you going to use from the window?«
»The Heckler,« Vinnie said.
»Good choice,« I said.
»Of course it is,« Vinnie said.
»I will use a handgun,« Chollo said. »Giving me a shotgun is like asking Picasso to paint with a broom.«
Vinnie nodded.
»Just what I need,« I said. »A couple of divas.«
I looked at Bobby Horse.
»I suppose you want a bow and arrow,« I said.
»Kiowas are flexible,« he said.

(Robert B. Parker: Potshot)

Insgesamt sind die Unterschiede zwischen den einzelnen Spenser-Romanen in den vergangenen fünfzehn Jahren auf Details geschrumpft. Spenser, Hawk, Susan, ihre Freunde bei den Guten und den Bösen laufen durch die Abenteuer, liefern sich witzige Dialoge und am Ende ist die Welt wieder in Ordnung. Jedenfalls mehr oder weniger. Auch die Länge der Bücher änderte sich nicht. »Die blonde Witwe« ist ungefähr genauso lang wie Spensers erstes Abenteuer. Im direkten Vergleich sind Spensers spätere Abenteuer schwächer als seine ersten Fälle. Aber immer sind es sehr vergnügliche Privatdetektivromane.

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